Die Türkei hat laut der US-amerikanischen Agentur Bloomberg den Wunsch geäußert, sich den BRICS-Staaten anzuschließen, einer Gruppe, die Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und weitere Länder umfasst. Dieser Schritt könnte bedeutende Auswirkungen sowohl auf den Südkaukasus als auch auf die Europäische Union haben.
Für die EU könnte der türkische Vorstoß als Versuch verstanden werden, den Druck auf Brüssel zu erhöhen, da die EU in den Augen Ankaras zögert, die Erwartungen der Türkei in Bezug auf den EU-Beitritt zu erfüllen. Indem die Türkei ihre Bereitschaft signalisiert, nach alternativen Bündnissen und Partnerschaften zu suchen, setzt sie ein Zeichen dafür, dass ein Stillstand der EU-Beitrittsverhandlungen eine strategische Neuorientierung nach Osten zur Folge haben könnte. Dies könnte bedeuten, dass die Türkei beginnt, ihren politischen und wirtschaftlichen Fokus von Europa nach Asien zu verlagern, was das Kräfteverhältnis in der Region verändern und den Einfluss der EU, insbesondere in Süd- und Zentralasien, schwächen könnte.
Darüber hinaus könnte die Hinwendung der Türkei zu den BRICS-Staaten auch für andere Länder, die eine Integration in die EU anstreben, ein Signal sein, dass die EU nicht die einzige attraktive und vielversprechende Wirtschaftsunion ist. Besonders für Georgien und Armenien, die in ihren strategischen Planungen die Türkei berücksichtigen müssen, wäre dies von Bedeutung.
Ein verstärkter türkischer Einfluss in der Region, der durch einen Beitritt zu BRICS unweigerlich einen neuen Impuls erhalten würde, könnte die Länder des Südkaukasus zu einer engeren Zusammenarbeit mit der Türkei bewegen und sie möglicherweise von der EU distanzieren.
Aserbaidschan, ein strategischer Partner der Türkei, hat kürzlich ebenfalls einen Beitritt zu BRICS in Betracht gezogen, was mit einem Staatsbesuch des russischen Präsidenten in Baku zusammenfiel. Für die Staaten des Südkaukasus könnte eine türkische Mitgliedschaft bei BRICS im Rahmen der von Ankara 2021 vorgeschlagenen 3+3-Formel (Ankara-Teheran-Moskau + Baku-Tiflis-Jerewan) neue wirtschaftliche und politische Möglichkeiten eröffnen. Dies könnte dazu führen, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, die bereits uneins mit ihrem NATO-Verbündeten sind, weiter an Einfluss in der Region verlieren – möglicherweise sogar ganz.
Im geopolitischen Kontext könnte eine gestärkte Türkei innerhalb der BRICS-Allianz zu einer neuen Dynamik in den Beziehungen zwischen den großen Akteuren wie Russland und dem Iran führen, was die Lage der Südkaukasus-Republiken komplizieren und ihre Manövrierfähigkeit zwischen den verschiedenen Kräften einschränken würde.
Die türkische Hinwendung zu BRICS könnte somit als Katalysator für tiefgreifende Veränderungen in der politischen und wirtschaftlichen Landschaft Europas und des Südkaukasus wirken, was für die EU nachteilig wäre. Brüssel müsste in diesem Fall seine Strategien und Positionen überdenken, was die Türkei kurzfristig zu ihrem Vorteil nutzen könnte. Sollte Ankara eine endgültige Entscheidung zugunsten BRICS treffen, könnte dies die Bemühungen der EU ähnlich wirkungslos machen wie die deutsche Politik gegenüber dem Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs: „Haltet die Türken um jeden Preis auf unserer Seite, solange der Krieg gegen Russland andauert.“
Dies birgt erhebliche Risiken, insbesondere für Armenien und Georgien, wie man aus der Geschichte der 20. Jahrhunderts kennt.